Brunner, Käthe und Ludwig

Käthe und Ludwig Brunner. Foto: Archiv Karl Fücks.

von Hans-Jürgen Hemmerling

Ludwig Brunner, am 26. Dezember 1896 in Paris geboren, war von Beruf Former und hatte nach 1945 mit seiner Frau Käthe, geboren in Lambrecht am 28. Februar 1897, die Leitung des Städtischen Waisenhauses in Neustadt inne. Noch vor 1914 kam er nach Deutschland. Im Ersten Weltkrieg kämpfte er für die deutsche, sein Bruder für die französische Armee. Die Weltkriegserfahrung machte ihn zu einem entschiedenen Kriegsgegner. In den 1920er Jahren engagierte sich Ludwig Brunner in der KPD und bei den Naturfreunden. Käthe Brunner entwickelte ebenfalls eine große Aktivität. Sie war u. a. Delegierte bei internationalen Frauenkongressen und übte verschiedene Funktionen in der KPD aus. Nach der Machtübernahme der NSDAP gehörte das Ehepaar zur politischen Opposition. Am 10. März 1933 wurde Ludwig in „Schutzhaft“ genommen, die er zuerst im Amtsgerichtsgefängnis in Neustadt und anschließend im frühen Konzentrationslager in der vormaligen Turenne-Kaserne verbrachte. Nach seiner Entlassung am 8. April 1933 musste er sich täglich bei der Polizei melden. Es folgten mehrere, teilweise nächtliche, Hausdurchsuchungen, Verhöre und eine erneute „Schutzhaft“ vom 28. Juni bis zum 8. Juli 1935. Bis dahin hatten sich Ludwig und Käthe Brunner in einer kleinen Widerstandsgruppe engagiert. So hatten sie z. B. bei sich zu Hause Flugschriften und eine Zeitung unter dem Titel „Neustadter Zeitspiegel“ gedruckt, wobei der Matrizendrucker in einem Winkel der Dachwohnung eines im gleichen Haus lebenden Gestapomitarbeiters versteckt und über ein verschließbares Loch in der Wand zugänglich war. Käthe Brunner hatte das Material, das sie zeitweise heimlich im Kinderwagen mit sich führte, in der Stadt verteilt. Über die saarländische Grenze schmuggelte sie bis Januar 1935 antifaschistische Literatur wie das Braunbuch. Nachdem der nationalsozialistische Verfolgungsapparat ihnen immer näherkam, stellte die Gruppe ihre Arbeit ein. Käthe und Ludwig Brunner hielten den Kontakt zu Genossinnen und Genossen wie Fritz Ciriaci, Emilie Karl, Johannes Niklas, Hans Reichert, Hans Schreiber und Willy Wessel jedoch aufrecht. Dies schloss auch viele Naturfreunde ein. Von den Behörden wurde diese Gruppe daher weiterhin als potentielle Bedrohung argwöhnisch beobachtet, was noch Ende des Krieges zu Hausdurchsuchungen und Inhaftierungen führen konnte. Nach 1945 war Ludwig Brunner wieder für die KPD und die Naturfreunde tätig, Funktionen übte er keine mehr aus. Käthe Brunner war von 1946 bis 1952 Mitglied im Bürger- bzw. Stadtrat. 1956 wurden Käthe und Ludwig Brunner als Leiter des Städtischen Waisenhauses wegen ihrer KPD-Mitgliedschaft entlassen. Ludwig Brunner starb am 9. Mai 1977 in Neustadt und Käthe am 22. Mai 1989 in Edenkoben.

Quellen

Interne Dokumente der Naturfreunde Neustadt.

Käthe Brunner, Interview 1985, durchgeführt von Karl Fücks (zugänglich über Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt).

Gefangenenbuch B Amtsgerichtsgefängnis Neustadt, Landesarchiv Speyer J89 1.

Literatur

Klaus J. Becker, Die KPD in Rheinland-Pfalz. Mainz 2001. Standardwerk zur rheinland-pfälzischen KPD, das auf breiter Quellengrundlage argumentiert, im Detail aber Ungenauigkeiten enthält.

Hans Denig, Die Blaue Blume oder zwischen Rot und Grün. 100 Jahre Touristenverein „Die Naturfreunde", 85 Jahre Naturfreunde Rheinland-Pfalz. Ludwigshafen a. Rh. 1995. Nicht durchgehend akribisch recherchierte Festschrift.

Gerhard Wunder, Die Sozialdemokratie in Neustadt an der Weinstraße seit 1832. Neustadt a. d. W. 1985. Chronologisch und ereignisbezogen angelegte Monografie, die in instruktiver Weise auch die NS-Zeit behandelt, freilich teilweise als veraltet angesehen werden muss.

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